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Briefmarken der Weimarer Republik

Die Geschichte und Briefmarken der Weimarer Republik

Hakenkreuze an Helmen


Bereits 1920 ließ sich erkennen, welche Kräfte die Weimarer Republik einmal zerstören würden. Der Kapp-Putsch vom März 1920, mitunter auch Kapp-Lüttwitz-Putsch genannt, zeigte anschaulich die Rollenverteilung auf. Große Teile der vorläufigen Reichswehr – die Berufsarmee der Weimarer Republik trat erst 1921 ins Leben – akzeptierten die politischen Entscheidungen nicht. Insbesondere das Offizierskorps opponierte offen gegen den Versailler Vertrag, der eine deutliche Reduzierung der Heeresstärke und weitere Schritte zur Abrüstung vorschrieb. Im Grunde genommen kämpften die Soldaten um ihre Arbeitsplätze – mit Waffengewalt gegen die frei gewählte Regierung, der sie verpflichtet waren. Die Auflösung der Marine-Brigaden Ehrhardt und von Loewenfeld führte dann zur Eskalation.

Die Verfügung von Reichswehrminister Gustav Noske (SPD) erfolgte am 29. Februar 1920. Die Brigade Ehrhardt hatte an der besonders blutigen Niederschlagung der Münchener Räterepublik, 1919, mitgewirkt und beteiligte sich 1920 an den Scharmützeln in Oberschlesien, einem der Abstimmungsgebiete, wo auch die Brigade von Loewenfeld überwiegend stationiert war. Anfang März informierte Walther Freiherr von Lüttwitz, Kommandierender General der Reichswehr in Berlin, Politiker der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) und der Deutschen Volkspartei (DVP) von den Staatsstreich- Planungen. Beide Parteien zählten zu den Gegnern der Weimarer Republik und hatten die Weimarer Verfassung abgelehnt. Sie strebten Neuwahlen zum Reichstag und eine Direktwahl des Reichspräsidenten an, Forderungen, die auch die Militärs erhoben. DNVP und DVP kündigten an, in der Weimarer Nationalversammlung einen gemeinsamen Entschließungsantrag einzubringen. In Absprache mit DNVP und DVP stellte die Militärs ihren Umsturzplan vorerst zurück.

Militär wollte abwarten

Nachdem die Nationalversammlung am 9. März den Antrag der beiden Parteien abgelehnt hatte, trug Lüttwitz die Forderungen Reichspräsident Friedrich Ebert vor. Zudem verlangte Lüttwitz die Entlassung der Reichsminister und die Einsetzung so genannter „Fachminister“. Ebert und Noske legten Lüttwitz den Rücktritt nahe. Nachdem dieser sogar ein Ausscheiden nach vorheriger Beförderung zum Generaloberst abgelehnt hatte, entließ ihn Noske am 11. März wegen Insubordination. Das kam zu spät.

Am 13. März marschierte die Brigade Ehrhardt in Berlin ein, mit Hakenkreuzen an den Helmen. In der Führung der Reichswehr setzten sich jene durch, die zumindest abwarten wollten. Zwar gibt es keinen Beleg dafür, dass Hans von Seeckt, Chef des Truppenamtes, tatsächlich gesagt hat: „Reichswehr schießt nicht auf Reichswehr.“ Doch tat das Militär nichts, den Putsch niederzuschlagen. Die Reichsregierung floh nach Dresden und zog weiter nach Stuttgart, nachdem sich der Dresdner Wehrkreisbefehlshaber, Georg Maercker, nicht eindeutig zur demokratischen Republik bekannt hatte. Die Putschisten proklamierten den ostpreußischen Generallandschaftsdirektor – die Position ähnelte der eines heutigen Regierungspräsidenten – Wolfgang Kapp zum Reichskanzler.

Gewerkschaften retten Republik

Dass der Putsch scheiterte, ist vor allem dem Mut Ulrich Rauschers zu verdanken. Der Sozialdemokrat war Pressechef der Reichskanzlei und verfasste einen Aufruf zum Generalstreik, den er zumindest Teilen der SPD-Führung und der Reichsregierung vorlegte. Wer genau Kenntnis hatte, ist ebenso unbekannt, wie die Reaktion der einzelnen Politiker. Ins Reich der Legenden kann man dagegen die Behauptung von Theodor Heuss verweisen, Rauscher habe im Alleingang gehandelt. Dem Aufruf folgten sofort der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund und die Arbeitsgemeinschaft freier Angestelltengewerkschaften, also die sozialdemokratisch und bürgerlich-demokratisch orientierten Gewerkschaften. Die Kommunisten forderten ihre Anhänger auf, sich trotz allgemeiner Ablehnung des Putsches nicht am Generalstreik zu beteiligen. Erst am 14. März schloss sie sich dem Generalstreik an. Vom 15. März an legten auch die Mitglieder des Deutschen Beamtenbundes die Arbeit nieder. Zahlreiche Vertreter der DNVP beteiligten sich aktiv am Staatsstreich, der von Gustav Stresemann geleitete DVP-Vorstand erklärte, den Putsch nicht zu unterstützen, und forderte die baldige Wiederherstellung geordneter Verhältnisse.

Vor allem dem entschlossenen Vorgehen der Gewerkschaften war das schnelle Scheitern des Umsturzversuches geschuldet. Die Versorgung Berlins und die öffentliche Verwaltung kamen zum Erliegen. Am 17. März floh Knapp nach Schweden. Lüttwitz ernannte sich zum Militärdiktator, musste aber zum Folgetag aufgeben. Als er die Reichskanzlei verließ, hatte er Erich von Ludendorff an seiner Seite, einen der Hauptverantwortlichen für die Niederlage im Ersten Weltkrieg und führenden Verfechter der Dolchstoßlegende.

Wahlgewinner DNVP und DVP

Lediglich drei Putschisten mussten sich vor Gericht für den gescheiterten Staatsstreich verantworten. Verurteilt wurde allein der ehemalige Berliner Polizeipräsident Traugott von Jagow – zur Mindeststrafe von fünf Jahren Festungshaft. Kapp stellte sich im April 1922 der Justiz, verstarb aber vor Prozessbeginn an einem Krebsleiden. Die übrigen Verschwörer flohen, überwiegend ins Ausland, viele aber auch nach Bayern, dessen Regierungen und Justiz die antirepublikanischen Kräfte offen oder insgeheim unterstützten.

Trotz des erfolgreichen Generalstreiks in Berlin kann man nicht sagen, dass die Mehrheit der Bürger die demokratische Republik befürwortete. Ausgerechnet die in den Kapp-Putsch involvierten Parteien DNVP und DVP erzielten bei den Wahlen zum Reichstag vom 6. Juni 1920 erhebliche Stimmgewinne. Dem standen deutliche Verluste der Parteien der Weimarer Koalition entgegen, die fortan keine eigene Mehrheit mehr hatten. SPD und DDP verloren drastisch. Beim Zentrum gilt es zu berücksichtigen, dass erstmals die Bayerische Volkspartei (BVP) antrat. Rechnet man deren Stimmen hinzu, hielten sich die Verluste des Zentrums in Grenzen, doch kann man die BVP nicht wie das Zentrum der Weimarer Koalition zurechnen.

Nach der Wahl bildete der Zentrums-Politiker Constantin Fehrenbach eine bürgerliche Minderheitenregierung mit der DDP und – man höre und staune – mit der in die Vorbereitungen des Kapp-Putsches eingebundenen DVP, die fortan drei Minister stellte. Die SPD unterstützte die Regierung parlamentarisch, ohne selbst beteiligt zu sein. Sie musste sich nicht nur der Angriffe von rechts erwehren; die links der SPD stehende Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) hatte bei den Wahlen fast ebenso viele Stimmen erhalten wie die SPD. Mehrheitlich lehnten die USPD-Mitglieder die demokratische Republik ab und unterstützten ein Rätesystem nach sowjetrussischem Muster. Der Ende 1920 erfolgte Zusammenschluss der USPD-Mehrheit mit den Kommunisten war nur folgerichtig. Die Minderheit blieb zunächst eigenständig, um sich dann 1922 der SPD anzuschließen.

Linksextremistische Legenden

Nach der Niederschlagung des Kapp-Putsches führten Teile der USPD gemeinsam mit der KPD den Kampf fort, nunmehr gegen die legitime Regierung. Vor allem das Ruhrgebiet erlebte bürgerkriegsähnliche Unruhen, da sich dort eine so genannte „Rote Ruhrarmee“ mit etwa 50.000 Bewaffneten gebildet hatte. Ihr gehörten überwiegend Arbeiter an, die im Ersten Weltkrieg an den Fronten waren und daher militärische Erfahrungen vorweisen konnten. Schnell gelang es der „Roten Ruhrarmee“ denn auch, weite Teile des Ruhrgebietes unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Reichsregierung machte nunmehr den Fehler, nicht nur Reichswehr und Polizei gegen die Aufständischen einzusetzen, sondern auch Freikorps, darunter solche, die am Kapp-Putsch teilgenommen oder ihn unterstützt hatten. Die linksextremistischen Gegner der Weimarer Republik nutzten dies propagandistisch nach Art der Dolchstoßlegende mit Zielrichtung SPD. „Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten“, hieß es – ein Spruch, der mitunter bis heute zu hören ist.

Ähnlich waren sie schon 1919 vorgegangen. Nach dem als „Spartakus-Aufstand“ verharmlosten Putschversuch der Kommunisten hatte ein Freikorps Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht festgenommen und ohne Gerichtsurteil erschossen. Auch wenn man annehmen kann, dass beide Rädelsführer zum Tode verurteilt worden wären, handelte es sich eindeutig um Mord. Das machte Luxemburg und Liebknecht zu Identifikationsfiguren der Linksextremisten. Die seinerzeit geschaffenen Legenden wirken bis heute nach.

 

„Dieser Feind steht rechts“

Von welchem Zeitpunkt an kann man von einem Bürgerkrieg sprechen? Ab wann geht politisch motivierte Gewalt, die es wahrscheinlich immer geben wird, in puren Terrorismus über? Eindeutig lassen sich Fragen wie diese wohl kaum beantworten. Zum einen fallen die Verhältnisse in den einzelnen Ländern und Regionen höchst unterschiedlich aus, zum anderen sind Beurteilungen und Einstufungen von der jeweiligen Zeit abhängig. Die bürgerliche Revolution von 1848 und 1849, auch bekannt als Märzrevolution, zählt heute trotz ihres Scheiterns zu den positiven Kapiteln der Geschichte. Im 19. Jahrhundert sahen dies nicht nur die Vertreter der Staatsgewalt anders.

Hermann Ehrhardts Terrorbande

Ein Bürgerkrieg, wie er beispielsweise in Russland nach Lenins Staatsstreich tobte, blieb Deutschland glücklicherweise erspart. In einzelnen Landesteilen gab es aber durchaus bürgerkriegsähnliche Unruhen. Mitunter war das offizielle Militär – seit 1921 unter der Bezeichnung Reichswehr – daran beteiligt, mitunter kämpften paramilitärische Einheiten und so genannte Freikorps, direkt oder indirekt unterstützt von staatlichen Stellen oder staatsnahen Institutionen. Parallel traten Gruppierungen in Erscheinung, deren Wirken dem Terrorismus zumindest äußerst nahe kam. Die Grenzen waren fließend, wie das Beispiel der „Organisation Consul“ zeigt.

In allen Einzelheiten ist deren Geschichte bis heute nicht erforscht und wird vielleicht auch für immer unbekannt bleiben. Im Unklaren liegt unter anderem die Finanzierung der Bande, die nach außen hin als Holzhandelsgesellschaft auftrat. Die Verkaufserlöse reichten aber bei Weitem nicht aus, um die Aktivitäten bezahlen zu können. Eines der Mitglieder, der später zum Gegner der Hitler-Diktatur und schließlich zum Pazifisten konvertierte Schriftsteller Ernst von Salomon, wusste zu berichten, die „Organisation Consul“ sei auf Betreiben der Reichswehr zur Spionageabwehr gegründet worden. Da der Versailler Vertrag dem Deutschen Reich den Aufbau einer Spionageabwehr untersagte, musste dies insgeheim geschehen. Dafür spricht, dass der Initiator der Vereinigung aus dem Militär kam und dort zumindest seinerzeit noch hohes Ansehen genoss: Hermann Ehrhardt, dessen Marine-Brigade führend am Kapp-Putsch beteiligt war. Allerdings ging die „Organisation Consul“ bei ihren Taten eher unprofessionell und unmilitärisch vor. Dass die Bande dennoch eine Blutspur hinterlassen konnte, ist vor allem auf die zögerliche Verfolgung politisch rechts stehender Mörder durch die Weimarer Behörden zurückzuführen.

Bereits am 9. Juni 1921 war die Bande mutmaßlich in den Mord an Karl Gareis verwickelt. Der Fraktionsvorsitzende der USPD im bayerischen Landtag wurde in München von einem unbekannten Pistolenschützen getötet. Indizien weisen zumindest darauf hin, dass maßgebliche Vertreter der „Organisation Consul“ den Mörder und dessen Plan kannten. Doch fehlte in Bayern, der selbsternannten „Ordnungszelle des Reiches“, das Interesse, allen Spuren gründlich nachzugehen. Gareis war unter anderem für die Auflösung so genannter „Einwohnerwehren“ – die staatlich gestützte Miliz trat ab März 1920 als privatrechtlicher Verein auf, um die im Versailler Vertrag vorgeschriebene Entmilitarisierung zu umgehen – eingetreten, was ihm von Seiten der bayerischen Regierung und der rechtsgerichteten Parteien den Vorwurf des Landesverrats eingebracht hatte. Allein ein solcher Vorwurf konnte seinerzeit tödlich sein.

Kein Verbot nach Mord

Der erste nachgewiesene Mord der „Organisation Consul“ datiert vom 26. August 1921. Die vormaligen Marinesoldaten Heinrich Schulz und Heinrich Tillessen lauerten in Bad Griesbach dem Zentrums- Politiker Matthias Erzberger auf, der in dem Schwarzwald-Ort Urlaubstage verbrachte. Als Erzberger mit seinem Parteifreund Carl Diez spazieren ging, verletzten ihn die Mörder mit sechs Schüssen schwer. Danach stiegen sie dem über eine Böschung gestürzten Politiker nach und töteten ihn mit zwei Kopfschüssen. Beiden Attentätern gelang die Flucht nach München, wo sie sich einige Tage versteckten, ehe sie nach Ungarn flüchteten. Obgleich die Täter schnell ermittelt waren, zudem bald feststand, dass sie der „Organisation Consul“ angehörten, gelang es den bayerischen Behörden nicht, Schulz und Tillessen festzunehmen. Beide standen erst nach dem Zweiten Weltkrieg vor Gericht. Schulz wurde wegen Totschlags, Tillessen wegen Mordes verurteilt. Bereits 1952 kamen sie frei.

Nach dem Mord verhaftete die Polizei zwar 34 Mitglieder der „Organisation Consul“, die aber überwiegend wieder freikamen. Nur wenige wurden wegen Mitgliedschaft in einem Geheimbund angeklagt. Die „Organisation Consul“ konnte ihre Aktivitäten fortsetzen. Erst nach der Ermordung Walther Rathenaus erfolgte das Verbot der Terrorbande.

Mord im Grunewald

Rathenau fiel nicht nur dem Hass rechtsgerichteter Kräfte auf die demokratische Republik zum Opfer, sondern auch dem immer hemmungsloser propagierten Antisemitismus. Allerdings führt es in die Irre, Rathenau als erstes Opfer des Dritten Reichs einzustufen, wie dies vielfach nach 1945 geschah, da Ehrhardt im rechten Lager eher zu den Gegnern Hitlers zu rechnen war. Die Mörder Rathenaus standen den Monarchisten näher als den Nationalsozialisten. Einig zeigten sich die Vertreter des rechten Lagers dagegen im Antisemitismus.

Dessen intellektuelle Form veranschaulicht ein Satz Wilhelm Hennings. Der Reichstagsabgeordnete der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) schrieb in der „Konservativen Monatsschrift“: „Kaum hat der internationale Jude Rathenau die deutsche Ehre in seinen Fingern, so ist davon nicht mehr die Rede.“ Volkstümlicher brachten es Angehörige der Freikorps auf den Punkt. Sie dichteten: „Knallt ab den Walther Rathenau, die gottverdammte Judensau.“ Am Vormittag des 24. Juni 1922 schritten drei Mitglieder der „Organisation Consul“ zur Tat.

An jenem Sonnabend warteten Ernst Werner Techow, Erwin Kern und Hermann Fischer in Berlin- Grunewald geduldig, bis sich Rathenau von der Koenigsallee in die Wilhelmstraße – Sitz des Auswärtigen Amtes – fahren ließ. Trotz verschiedener

Warnungen hatte er auf Personenschutz verzichtet und nutzte einen Wagen mit offenem Verdeck. Weder Rathenau noch sein Fahrer bemerkten die Verfolger, die in Höhe Erdener- und Wallotstraße zum Überholen ansetzten. Kern schoss mit einer Maschinenpistole des Typs MP18 in den Wagen, Fischer warf eine Handgranate. Rathenau wurde tödlich getroffen und starb noch am Ort des Attentats. Den Mördern gelang zunächst die Flucht. Kern wurde später beim Versuch, ihn auf Burg Saaleck zu verhaften, getötet, Fischer beging Suizid. Techow und weitere Hintermänner erhielten vergleichsweise hohe Haftstrafen. Doch taten Ankläger wie Angeklagte alles, um die „Organisation Consul“ aus dem Prozess herauszuhalten.

„Bund Wiking“ folgt „Organisation Consul“

Als die Nachricht vom Mord den Reichstag erreichte, brach im Plenum ein Tumult los. Abgeordnete aller demokratischer Parteien beschimpften die Vertreter der DNVP als geistige Mörder. Insbesondere der Abgeordneten Karl Helfferich, der in Reden gegen Erzberger und Rathenau gehetzt hatte, galt ihnen als Anstifter der Attentäter. Tags drauf sprach Reichskanzler Joseph Wirth, Politiker des Zentrums, Klartext. Auf die DNVP-Fraktion weisend, sagte er: „Da steht der Feind – und darüber ist kein Zweifel: Dieser Feind steht rechts!“

Damit griff Wirth die Aussage zweier Sozialdemokraten auf. Otto Wels hatte die Worte nach dem Kapp-Putsch ausgesprochen, Philipp Scheidemann erstmals in der Weimarer Nationalversammlung, ein zweites Mal nach dem Attentat auf ihn vom 4. Juni 1922. Hanns Huster und Karl Oehlschläger hatten ihn mit Blausäure bespritzt, Mund und Nase aber verfehlt, sodass die tödliche Wirkung ausblieb. Die Attentäter gehörten der „Organisation Consul“ an. Diese wurde Ende Juli 1922 endlich verboten. Ernsthaft gingen die Behörden aber nicht gegen die Terrorbande vor. Hermann Ehrhardt konnte daher mit dem „Bund Wiking“ eine Nachfolgeorganisation gründen. Sie blieb glücklicherweise wirkungslos, unter anderem, weil sich Ehrhardt im Folgejahr gegen Hitler stellte, als dieser in Bayern einen Putsch versuchte. Joseph Wirth musste sich seiner deutlichen Worte wegen scharfe Angriffe auch aus der eigenen Partei gefallen lassen. Obwohl er eindeutig in Richtung der DNVP-Fraktion gewiesen hatte, warf man ihm vor, sämtliche Politiker rechts der Mitte für den Mord mitverantwortlich gemacht zu haben.

Ein Stück Verantwortung trugen Wirth und seine Minister für die Inflation, die 1922 zu galoppieren begann. Wirtschaftlich erholte sich Deutschland zwar ein wenig, konnte sogar höhere Wachstumsraten vorweisen als die Sieger des Ersten Weltkrieges. Doch unternahm niemand einen ernsthaften Versuch, die Geldentwertung zu bremsen. Bereits zum 1. Januar 1922 war das Porto für den Inlands-Fernbrief bis 20 Gramm Gewicht von 60 Pfennig auf zwei Mark gestiegen. Ab 1. Juli kostete er drei, ab 1. Oktober sechs, ab 15. November zwölf und ab 15. Dezember sogar 25 Mark. Ähnlich entwickelten sich andere Portosätze. Im Folgejahr gingen der Reichspost dann sogar die Briefmarken aus …

 


 

1924–1928: Die „Goldenen zwanziger Jahre“

 

Mitte der Zwanziger Jahre erlebte die Weimarer Republik eine kulturelle Blütezeit. Das Kriegs- und Revolutionserlebnis, der Durchbruch der Demokratie, der technische Fortschritt sowie starke amerikanische Einflüsse führten zu bedeutenden Umbrüchen in der kulturellen Landschaft. Die Weimarer Republik setzte in der kurzen Zeit ihres Bestehens eine enorme künstlerische Kreativität und Energie auf nahezu allen Gebieten frei.

Dabei bleib die Weimarer Kultur – bei allerdings fließenden Übergängen – stets mehrfach gespalten. Anspruchsvolle Kultur stand der Massenkultur gegenüber, avantgardistische trafen auf traditionalistische Strömungen. Es gab linksliberale, konservative und völkische Richtungen. Die politische Auseinandersetzung wurde so auch in Kunst und Kultur ausgetragen.

Anspruchsvolle Kultur fand ihren Ausdruck vor allem auf den Feuilletonseiten der großen liberalen Tageszeitungen wie der „Vossischen Zeitung“ oder der „Frankfurter Zeitung“ und in literarisch-politischen Zeitschriften wie der „Weltbühne“, der „Neuen Rundschau“ oder der „Linkskurve“ – aber auch in Architektur und Malerei, Theater, Konzert, Revue und Kabarett sowie in der Literatur. Hier entfalteten sich die unterschiedlichsten Richtungen. Massenkultur trat hingegen in lokalen und regionalen Zeitungen, in Fortsetzungs- und „Groschen“- Romanen, in neuartigen Fotoreportagen der Illustrierten, im Schlager, in Film und Rundfunk sowie in sportlichen Großveranstaltungen wie Fußballbegegnungen, Boxwettkämpfen, Rad- und Autorennen in Erscheinung. Mittelpunkt des kulturellen Lebens war die Hauptstadt Berlin, wo das Preußische Ministerium für Erziehung und Wissenschaft und die Preußische Akademie der Künste die moderne Kunst mit Geld und Kompetenz förderten.

In den „Goldenen Zwanzigern“ erlebten vor allem die Massenmedien eine rasante Entwicklung. 1928 erschienen 3.356 verschiedene Tageszeitungen, davon allein 147 in Berlin. Ebenfalls sehr erfolgreich waren Zeitschriften wie die „Berliner Illustrierte Zeitung“ oder die „Münchner Illustrierte Presse“. Zugleich entstanden in dieser Zeit sämtliche noch heute üblichen Filmgattungen wie der Horror-, Sex-, Abenteuer- und Historienfilm, der Spionage-, Kriminal-, Heimat-, Natur-, Musik- und zeitkritische Film, aber auch das Lustspiel sowie der Dokumentar- und Lehrfilm. Viele deutsche Produktionen waren auch im Ausland erfolgreich. Durch die zunehmende Beliebtheit des Films – vor allem unter Jugendlichen, Arbeitern und kleinen Angestellten – breiteten sich die Lichtspielhäuser rasant aus. Waren es 1918 noch 2.300, wuchs ihre Zahl 1920 auf 3.700 und 1930 auf mehr als 5.000 mit rund zwei Millionen Sitzplätzen. Schon 1925 kauften täglich zwei Millionen Deutsche eine Kinokarte, um Filmhelden wie Marlene Dietrich oder Hans Albers, aber auch anspruchsvolle Reportagen zu sehen. Gleichzeitig brachte der Rundfunk die Kultur direkt ins Haus. Die Zahl der Rundfunkteilnehmer wuchs in den Zwanziger Jahren auf ein Vielfaches.

Insgesamt brachten die „Goldenen Zwanziger Jahre“ eine beispiellose Vielzahl neuer Strömungen in Literatur, Kunst, Architektur, Musik, Film und Theater hervor – begleitet durch einen wirtschaftlichen Aufschwung, der es den Menschen auch erlaubte, „auszugehen“ und die neuen Formen der Kultur zu genießen. Gleichzeitig schwankte die Weimarer Republik politisch zwischen Festigung und Gefährdung. Der Druck von links und rechts erhöhte sich, was sich auch bei der Reichstagswahl 1928 bemerkbar machte.

1929–1931: Börsenkrach und Weltwirtschaftskrise

 

Die Wirtschaft in der Weimarer Republik hatte sich in den Jahren nach Ende der Inflation von 1923 relativ schnell erholt. Mit Hilfe von Krediten – vor allem aus den USA – war die Investitionsbereitschaft der Unternehmer kräftig gefördert worden. Pro duk tionsanlagen in Industrie und Landwirtschaft wurden modernisiert, so daß Produktion und Konkurrenzfähigkeit erheblich gesteigert werden konnten.

Die USA waren sowohl der Geldgeber der europäischen Verbündeten im Krieg gegen Deutschland gewesen, wie auch nun der Finanzier des Wiederaufbaus in Europa einschließlich Deutschlands. Mit ihrer konkurrenzlosen Vormachtstellung am Weltmarkt und ihrer Geldpolitik erlebten die Vereinigten Staaten eine lange Phase der Hochkonjunktur. Jedoch führte diese wirtschaftliche Blüte zu übermäßigen Aktienkäufen und Investitionen.

Als im Oktober 1929 das gesamte Ausmaß der Überproduktion sichtbar wurde und eine enorme Menge Aktien verkauft wurde, sanken die Börsenkurse rapide. Die Folge war ein Börsenkrach ungeahnten Ausmaßes. Der „Schwarze Freitag“ am 29. Oktober 1929 führte direkt in die Weltwirtschaftskrise.

Nach dem Absturz der Börse wurden schlagartig kurzfristige amerikanische Kredite aus Europa abgezogen. Da jedoch der wirtschaftliche Aufbau in der „Alten Welt“ im wesentlichen auf diesen Krediten beruhte, kam es in Europa und besonders in Deutschland zur wirtschaftlichen Katastrophe. Zahlreiche Firmen brachen zusammen, Banken mußten ihre Schalter schließen. In der Folge kam es zu Massen entlassungen. So stieg die Zahl der Arbeitslosen in der Weimarer Republik sprunghaft an: von 1,6 Millionen im September 1929 auf 4,3 Millionen im September 1931.

Während in anderen europäischen Staaten die Folgen der Krise langsam überwunden werden konnten, kam es in Deutschland – vor allem aufgrund der instabilen innenpolitischen Verhältnisse – zu einer gefährlichen Staatskrise. Die Republik-Gegner nutzten die allgemein verbreitete Katastrophenstimmung, um den vermeintlichen Verantwortlichen – Regierung, Parlament und Weimarer Parteien – das völlige Versagen vorzuwerfen. Die hemmungslose Agitation gegen die Republik und das parlamentarische System blieb nicht ungehört. Sowohl linke als auch rechte Oppositionsparteien erhielten großen Zulauf aus den Reihen der Arbeitslosen und Verarmten. Dies wurde bereits bei den folgenden Landtagswahlen deutlich – besonders eklatant dann bei der Reichstagswahl vom 14. September 1930. Bei dieser Wahl erreichten die Nationalsozialisten ihren ersten sensationellen Stimmengewinn und konnten ihre Reichstagsmandate von zwölf auf 107 steigern.

Schon im März 1930 hatte der zweite Reichspräsident Paul von Hindenburg seine Konsequenzen aus der Krisenstimmung im Lande gezogen und den Zentrumspolitiker Heinrich Brüning zum Reichskanzler ernannt – ohne das Parlament einzu schal ten. Damit war das parlamentarische System unter laufen und der Weg zum Präsidialregime eingeleitet.

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